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Die Frage nach der Zukunft der Arbeit ist präsenter denn je. Doch wie steht es wirklich um Deutschland? In meiner letzten Good Morning L&D Session hatte ich das Vergnügen, mit Professor Dr. Katharina Hölzle, Leiterin des Fraunhofer-Instituts für Arbeitsorganisationen und Technologiebeauftragte des Landes Baden-Württemberg, darüber zu sprechen. Katharina ist für mich eine der Köpfe, die die Zukunft der Arbeit in Deutschland und darüber hinaus maßgeblich mitgestaltet. Ihre Perspektive, die sie als „Übersetzerin zwischen den Welten von Wirtschaft und Wissenschaft“ beschreibt , liefert einen dringend benötigten Wake-up-Call für die gesamte L&D-Community.
Als ich Katharina nach den Momenten fragte, in denen ihr klar wurde, dass sich etwas Fundamentaleres verändert hat, berichtete sie von einer Delegationsreise nach China. Dort erlebten deutsche Unternehmer einen regelrechten Schockmoment. Sie sahen, wie chinesische Unternehmen mithilfe von KI und Robotik Teile produzierten, die schneller, günstiger und auf einem Qualitätsniveau waren, das wir in Deutschland in Teilen noch nicht erreicht haben. Dieses Erlebnis war ein echter Wake-up-Call, denn es entlarvte die Illusion, dass unsere Qualität allein uns unverwundbar macht. Katharina hat es auf den Punkt gebracht:
„Oh mein Gott, sie machen das, was wir machen, besser. Sie machen es schneller.“
Diese Anekdote verdeutlicht für mich: Unser historisches Geschäftsmodell ist am Ende. Um wettbewerbsfähig zu bleiben, müssen wir fundamental anders denken. Warum der „Veränderungsmuskel“ in Deutschland zwickt Eine der größten Hürden, die Katharina ansprach, ist die mangelnde Veränderungsbereitschaft in Deutschland. Wir haben über Jahrzehnte hinweg kaum lernen müssen, uns grundlegend zu wandeln, weil der Erfolg immer zu uns kam. Wir sind eine „satte Gesellschaft“, und wenn das Management einen Impuls gibt, mehr zu arbeiten, stößt das auf starke Reflexe. Katharina vergleicht Veränderungsfähigkeit mit einem Muskel, den man trainieren muss :
„Veränderungsfähigkeit ist ein Muskel, den man trainieren muss und den haben wir ehrlicherweise völlig vernachlässigt, weil wir das auch nicht brauchten.“
Eine ehrliche und transparente Kommunikation von der Führungsebene der erste Schritt ist. Wenn die Führungskraft sagt: „Wir sitzen gemeinsam in diesem Boot und wir ziehen das durch“ , entsteht ein Vertrauen, das die Basis für jede Transformation bildet.
Dieses fundamentale Umdenken gilt vor allem in der L&D- und HR-Community. Katharina machte klar, dass die Rolle lange Zeit belächelt wurde. Sie galt als Dienstleistungsfunktion, die Prozesse in SAP abbilden und Gehälter pünktlich zahlen sollte. Die Zukunft verlangt etwas anderes.
„HR muss mit am Strategietisch sitzen und von Anfang an solche Entscheidungen… dass das direkt gespiegelt wird und gesagt wird, haben wir eigentlich die Menschen, haben wir die Qualifikationen dafür, was braucht es dafür?“
Dieser Aufruf hat mir gezeigt, dass wir uns einen „Seat at the Table“ nicht erwarten, sondern uns ihn aktiv erarbeiten müssen. Der Weg dorthin führt über eine tiefere Auseinandersetzung mit der Geschäftsstrategie, den Produkten und dem Markt.
Ein zentrales Thema unseres Gesprächs war die praktische Umsetzung der KI-Befähigung. Viele Mitarbeitende fühlen sich unsicher oder haben Angst vor den neuen Technologien. Um diese Barrieren zu überwinden, müssen wir ein Umfeld schaffen, in dem sie experimentieren dürfen. Katharina schlägt vor, den Zugang zu KI niedrigschwellig zu gestalten. Sie erzählte von den „KI-Bussen“, die vom Bundesarbeitsministerium gefördert werden und mit denen sie direkt zu den Unternehmen fahren. Die Mitarbeitenden können dort in einer Sandbox ausprobieren, bekommen ein Gefühl für die Tools und erkennen, wie sie ihnen helfen können. Die eigentliche Herausforderung liegt darin, den Mitarbeitenden einen Rahmen zu geben, innerhalb dessen sie experimentieren können, ohne dabei rechtliche Risiken wie den Abfluss von Kundendaten einzugehen. Es geht darum, eine Anerkennungskultur zu schaffen, in der die besten Use Cases geteilt werden.
Die Session mit Katharina war ein absoluter Augenöffner. Sie hat mir gezeigt, dass die Herausforderungen enorm sind, aber auch, dass die Potenziale für eine Neugestaltung der Arbeit in Deutschland gewaltig sind. Wir müssen unsere einzigartige Fähigkeit, Technologien zu entwickeln und menschzentriert zu gestalten, mit der neuen KI-Ära verbinden. Denn wie Katharina am Ende zusammenfasste:
„Das kann unser Key Differentiating Factor sein.“
Der Appell an uns alle ist klar: Keiner muss es alleine machen. Die Herausforderungen sind dieselben. Wir müssen kooperativer denken und uns aktiv austauschen, auch mit anderen HRlern. Wir müssen mutig und experimentierfreudig sein und unsere Rolle als strategische Partner anerkennen und leben.
Was denkst du darüber? Was ist für dich der größte Wake-up-Call aus dieser Session?