„Wir denken nicht in Geschäftsjahren, wir denken in Generationen.“ Mit diesem Zitat eröffnete Valentin Felten von HORNBACH unsere Good Morning L&D Session und traf damit den Nerv unserer Diskussion. Denn genau darum geht es, wenn Unternehmen und Schulen kooperieren: um langfristiges Denken und nachhaltige Bildung. Wie können diese beiden Welten zusammenfinden, um gemeinsam die Bildungslandschaft von morgen zu gestalten? Dieser Frage gingen wir mit unseren Expert:innen auf den Grund:
- Florian Kretzschmar, Lehrer, Lernraumentwickler und Schulbauberater
- Valentin Felten, Leiter Marketing Deutschland bei HORNBACH Baumarkt AG
- Andrea Frank, Stellvertretende Generalsekretärin des Stifterverbands Deutschland
Wir haben über eine ganze Menge gesprochen – und das möchte ich gerne mit euch teilen. Also los geht’s.
Schulen und Unternehmen: Es ist kompliziert
Die Beziehung zwischen Schulen und Unternehmen ist oft von Missverständnissen und Vorurteilen geprägt. Viele Schulen sehen sich als autarke Einheiten, die wenig Berührungspunkte mit der Wirtschaft haben sollten. Diese Haltung führt zu Herausforderungen bei der Anbahnung von Kooperationen.
Florian Kretzschmar betont: „Die Zusammenarbeit zwischen Schulen und Unternehmen ist in vielen Fällen noch nicht sehr ausgeprägt.“ Vorbehalte gegenüber Unternehmen sind nicht selten. „Häufig wird der Profitgedanke von Schulseite aus den Unternehmen unterstellt“, erklärt Kretzschmar. Zudem stellen organisatorische Fragen wie Aufsichtspflicht und Versicherung oft Hürden dar.
Brücken bauen: Das Potenzial von Bildungspartnerschaften
Trotz der bestehenden Hürden sehen Expert:innen großes Potential in der Zusammenarbeit von Schulen und Unternehmen. Der Schlüssel liegt darin, die richtigen Ansatzpunkte zu finden und Kooperationen so zu gestalten, dass beide Seiten davon profitieren.
Andrea Frank vom Stifterverband sieht großes Potential in bedarfsorientierten Partnerschaften: „Wir sagen immer, wir wollen relevante systemische Veränderungen anstoßen im Bildungssystem.“ Dabei betont sie die Wichtigkeit, dass Kooperationen entlang der Bedarfe von Schulen gestaltet werden. „Die Bedarfe formulieren nicht wir von außen, sondern idealerweise helfen wir den Schulen, ihre Bedarfe zu decken mit einem privaten Engagement“, so Frank.
Lernen mit Kopf, Herz und Verstand: Selbstwirksamkeit im Fokus
Ein zentraler Aspekt moderner Bildung ist die Förderung von Selbstwirksamkeit bei Schüler:innen. Praktische Erfahrungen und Projekte können dabei helfen, Kompetenzen zu entwickeln, die über den traditionellen Lehrplan hinausgehen.
Valentin Felten von HORNBACH hebt die Bedeutung von Selbstwirksamkeitserfahrungen hervor: „Wer mal selbst was mit den Händen gemacht hat oder ein handwerkliches Projekt gemacht hat, der hat so dieses Gefühl, was sich am Ende einstellt. Wenn man das erfolgreich beendet hat, dann ist das einfach überwältigend.“
Das Projekt „HORNBACH macht Schule“ bietet verschiedene Formate wie Workbooks, Road Trips und Camps, um Schüler:innen praktische Erfahrungen zu ermöglichen. „Wir bauen gemeinsam mit den Schülerinnen und Schülern Projekte“, erklärt Felten. „Es ist eine sehr große Einstiegshürde, weil viele ehrlicherweise noch nie einen Akkuschrauber in der Hand hatten.“
Lehrkräfte im Wandel: Neue Rollen, neue Chancen
Die Zusammenarbeit mit Unternehmen stellt auch neue Anforderungen an Lehrkräfte. Es geht darum, die eigene Rolle neu zu definieren und offen für neue Lehr- und Lernmethoden zu sein.
Die Veränderung der Lehrerrolle ist zentral für zukunftsfähige Bildung. Florian Kretzschmar betont: „Wir müssen die Fachlichkeit erhalten, wir müssen die Stärke der Fachwissenschaften erhalten […] Aber wir müssen fächerübergreifend, fächerverbindend [arbeiten]. Das Leben findet nicht in Fächern statt.“
Andrea Frank ergänzt: „Wie empowern wir eigentlich Lehrkräfte, die lange im System sind? […] Ich glaube, es braucht schon auch in der Schul-Community eine andere Form des gegenseitigen Lernens und auch Unterstützens.“
Welche Rolle spielt Technologie dabei?
Die rasante technologische Entwicklung stellt Schulen vor neue Herausforderungen. Es geht nicht nur darum, digitale Tools einzusetzen, sondern auch darum, Schüler:innen auf eine zunehmend digitalisierte Arbeitswelt vorzubereiten.
Die Integration neuer Technologien in den Unterricht ist eine weitere Herausforderung. „Wenn man Quantentechnologie weiß, das wird irgendwie relevant werden, dann heißt das auch was für den Physikunterricht“, erklärt Frank. Es geht darum, Schulen als Erfahrungsräume für neue Technologien zu gestalten und gleichzeitig Lehrkräfte und Schüler:innen in digitalen Kompetenzen zu fördern.
Von der Theorie zur Praxis: Erfolgsgeschichten der Zusammenarbeit
Trotz aller Herausforderungen gibt es bereits erfolgreiche Beispiele für Kooperationen zwischen Schulen und Unternehmen. Diese Modelle zeigen, wie eine sinnvolle Zusammenarbeit aussehen kann.
Das Projekt „HORNBACH macht Schule“ zeigt beispielhaft, wie Unternehmen praktische Bildung fördern können. Durch Workbooks, Road Trips und Camps bringt HORNBACH handwerkliche Fähigkeiten und Selbstwirksamkeitserfahrungen in den Schulalltag. Valentin Felten betont: „Es ist kein Marketing-Projekt. Es ist eigentlich ein Herzensprojekt und es ist ein Gesamtprojekt der Unternehmung HORNBACH.“ Der Ansatz verdeutlicht, wie Unternehmen nachhaltig in Bildung investieren und dabei sowohl praktische Fertigkeiten als auch Soft Skills wie Teamarbeit und Kreativität fördern können.
Ein weiteres Beispiel ist die Kooperation eines Sanitärinstallationsunternehmens mit einer Schule zur Verbesserung der Schultoiletten. Florian Kretzschmar berichtet: „Das ist natürlich zunächst einmal ein Einzelfall und das kann nicht die Blaupause sein. Aber was davon die Blaupause sein kann, ist, dieses Zeichen der Zeit zu erkennen.“
Fazit
Die Diskussion hat gezeigt, dass Kooperationen zwischen Schulen und Unternehmen großes Potential haben, müssen aber sorgfältig gestaltet werden. Es geht darum, einen Mehrwert für alle Beteiligten zu schaffen und dabei die Bedürfnisse der Schüler:innen in den Mittelpunkt zu stellen.
Kooperationen zwischen Schulen und Unternehmen können ein Schlüssel zu zukunftsfähiger Bildung sein. Dabei ist eine bedarfsorientierte und wertebasierte Zusammenarbeit entscheidend. Valentin Felten rät: „Nicht lang schnacken, Projekt anpacken. Einfach mit ins Machen kommen, ins Tun kommen und nicht zu viel drüber nachdenken, ob man damit irgendwie die Welt komplett verbessert, sondern einfach im Kleinen anfangen.“
Fazit: Indem wir praktische Lernerfahrungen fördern und nachhaltige Partnerschaften zwischen Schulen und Unternehmen aufbauen, können wir Schüler:innen besser auf die Herausforderungen von morgen vorbereiten. Wir alle – ob Lehrkraft, Unternehmensvertreter:in oder Elternteil – können einen Beitrag leisten. Fangen wir im Kleinen an, stellen wir Verbindungen her und denken wir über den Tellerrand hinaus. Denn nur so können wir unser Bildungssystem Schritt für Schritt weiterentwickeln und fit für die Zukunft machen.